Backgutträger Kompendium (Teil 2)
Wenn Brötchen doch nur fliegen könnten,...
… bräuchten Bäcker keine Bleche. Für den Bäcker wäre es gelegentlich sicher vorteilhaft, wenn seine Produkte frei im Raume schweben könnten.
Solange allerdings mit der Erfindung der fliegenden Semmel nicht zu rechnen ist, braucht man in Bäckereien bei vielen Produkten Backgutträger – in der Regel also ein Backblech –, um Teiglinge praktisch ablegen und rationell transportieren zu können und um sie bei Bedarf auch gleich einzelne Prozessschritte (von der Bäckerkälte bis über das Backen hinaus) geordnet durchlaufen zu lassen.
- Warum sind Backbleche für Bäcker so wichtig, obwohl sie zwischen dem Produkt und der Backhitze stehen?
- Wie beeinflusst ein kaltes Blech den Backprozess und wie verändert sich dies, wenn das Blech erhitzt wird?
- Welche Vielfalt an Backblechen steht Bäckern zur Verfügung und wie wirkt sich dies auf die Produktqualität und Produktionskosten aus?
- Warum wäre es aus backtechnischer Sicht ideal, für jedes Produkt ein spezifisches Backblech zu haben, und welche Herausforderungen ergeben sich daraus in der Praxis?
- Welche Vor- und Nachteile bieten beschichtete gegenüber unbeschichteten Blechen?
Das Blech ist also für den Bäcker- „Workflow“ von unschätzbarem Wert – auch wenn es sich bei seinem Einsatz zwischen das Produkt und die Backhitze drängelt, die doch in erster Linie dem Produkt gelten soll. Ein kaltes Blech wirkt wie ein Isolator unter dem Produkt. Es schluckt Heizenergie. Ist das Blech erst einmal hitzig in Fahrt gekommen, sorgt es umgekehrt für einen intensivierten Wärmestrom am Backgutfuß.
Das ist in der alltäglichen Praxis glücklicherweise nur halb so schlimm, wie es hier klingt. Dem Bäcker stehen Bleche aus den verschiedensten Materialien und in unzähligen Varianten zur Verfügung, so dass er durch eine geschickte Auswahl der richtigen Bleche für mehr Produktqualität, für niedrigere Produktionskosten oder eben auch für den optimalen Temperaturübergang sorgen kann.
Beschaffungssituation in der Praxis
Rein backtechnisch betrachtet wäre es optimal, der Bäcker hielte für jedes seiner Produkte den jeweils bestgeeigneten Backgutträger in entsprechend großer Stückzahl vor. Bei der heutigen Sortimentsauffächerung (nicht rein linienorientierter Bäckereien) wäre eine solche Vielfalt an Blechen betriebsorganisatorisch allerdings die reine Katastrophe.
Das Handling, Sortieren und Trennen der Bleche würde jeden geordneten Betriebsablauf durcheinanderbringen – und ganz nebenbei auch erhebliche Mittel binden. Und: Je mehr unterschiedliche Bleche im Umlauf sind, desto höher steigt der Putzaufwand.
Die Philosophie, möglichst alle Produkte unter möglichst optimalen Bedingungen zu backen, gilt heute in solchen Betrieben daher generell kaum noch als Richtschnur. Sie ist nämlich nur mit hohen Investitionen und großem Aufwand zu erkaufen. Man bemüht sich vielmehr, denjenigen Produkten, die das Geschäft bringen, die ganze Qualitätsaufmerksamkeit zu schenken und alle übrigen Produkte gleichbleibend und verlässlich auf ordentlichem Qualitätsniveau, im Übrigen aber kostenoptimiert herzustellen. Für das Thema Backblech heißt das: Sortenreinheit ist gefragt, Universalität von Nöten.
Für die breite Masse der Produkte wird in Betrieben ohne strenge Linienführung daher heute meistens eine einzige Blechart benutzt, die möglichst universell für die verschiedensten Produkte einzusetzen, möglichst einfach zu reinigen und wegen der höheren Stückzahlen auch entsprechend preisgünstig zu haben ist. Allenfalls für das Spitzenprodukt (und eventuell noch für den Spezialfall Laugengebäck) werden eigene Backgutträger vorgehalten; für Konditoreiware nutzt man Backtrennpapier. Dabei wird ganz bewusst in Kauf genommen, dass bei einer derartigen Lösung nur die Spitzenprodukte (nämlich die „Cash Cows“) auf optimalen Backgutträgern, alle anderen Produkte aber auf universell tauglichen, im Einzelfall jedoch durchaus suboptimalen Backblechen verarbeitet und abgebacken werden.
In Großbetrieben und überall dort, wo strenge Linienführung, also Konzentration auf ein Backprodukt und eine lineare Prozessfolge, vorherrscht, wo sich alle Kosten und Aufwände mit den steigenden Stückzahlen multiplizieren, dort ist man aus naheliegenden Gründen darauf aus, den für das Linienprodukt in seiner Gesamtheit optimalen Backgutträger zu ermitteln und zu nutzen.
Ein teures Blech, ein gutes Blech?
Ein teures Blech ist nicht automatisch das bessere Blech. So wie umgekehrt das billigere Blech keineswegs automatisch Geld spart. Wer die Kosten für beschichtete Bleche mit denen von unbeschichteten Blechen vergleicht, dabei aber nicht bedenkt, dass er – je nach abzubackendem Produkt – in das vermeintlich preiswertere Blech unter Umständen noch erhebliche Summen und Zeiten (zum Beispiel für Trennmittel und Reinigung) investieren muss, der rechnet nach der Art der Milchmädchen.
Ein Schweizer Backunternehmen hat einmal die Handling-Kosten für Backbleche über einen längeren Zeitraum analysiert und dabei herausgefunden, dass für jedes Backblech pro Jahr Kosten in einer Größenordnung von rund 60 Schweizer Franken entstehen (ca. 40 Euro). Dies lehrt, dass bei der Auswahl des richtigen Bleches neben den reinen Gestehungskosten vor allem die Handlingkosten sehr genau zu betrachten sind. Dabei werden beispielsweise die Kosten für Trennmittel gerne übersehen, die bei gewissen Oberflächen in größeren Mengen benötigt werden als bei anderen und deshalb einen vermeintlichen Investitionsvorteil bei der Anschaffung schnell wieder aufzehren und ins Gegenteil verkehren können. Durch eine frühzeitige, umfassende Planung lassen sich beim Backblechkauf deshalb zum Teil ganz erhebliche Folgekosten einsparen.
Dies und ganz besonders auch die Frage der Anlagentauglichkeit von Blechen sollten Sie daher im Vorfeld mit Ihrem Backblech-Hersteller ausführlich besprechen. Gerade bei anlagengeführten Backblechen kommt es ganz besonders auf Genauigkeit bei den Abmessungen, beim Gewicht, bei der Oberfläche und auf hohe Steifigkeit an.
Beschichtet oder unbeschichtet? Oder lieber doch eine Trennfolie?
Bevor sich ein Bäcker für eine bestimmte Beschichtung entscheiden kann, muss er erst prüfen, ob er überhaupt ein beschichtetes oder besser ein unbeschichtetes Blech verwendet. Zur Beantwortung der Frage ist stets zu beachten, welche Produkte auf den Backgutträgern gebacken (oder auch anderweitig verarbeitet) werden sollen und in welcher Produktionsumgebung das geschieht.
Bei antihaftbeschichteten Blechen kann sich der Bäcker das Fetten der Bleche vollständig sparen. Das bedeutet: Weniger Aufwand, keine Fettrückstände (weder auf dem Blech noch auf dem Boden), reduzierter Reinigungsaufwand (für Blech und Backstube), kein Brandgeruch im Laden, kein Fettnebel, also auch keine Rutschgefahr.
Beschichtete Bleche werden deshalb besonders gerne im Filialbereich oder an separaten Backstationen eingesetzt, weil sie vom dortigen Bedienpersonal am einfachsten zu handhaben sind. Im Produktionsbetrieb stellt sich die Frage ein wenig anders dar. Hier ist die Entscheidung für beschichtete Bleche vor allem davon abhängig zu machen, wie gut sich das Reinigen unbeschichteter Bleche in den Produktionsablauf einbinden ließe und welche Stückzahl zur Reinigung ansteht. Am teuersten an den Backblechen ist grundsätzlich das manuelle Handling, also das Einsammeln benutzter Bleche, das Einführen in die Putzmaschine, das Entnehmen daraus und das Abstapeln, ggf. auch das Fetten.
Wo immer mit einer Beschichtung Reinigungszyklen und umständliche manuelle Reinigungsaufwände reduziert werden können, bieten sich antihaftbeschichtete Bleche geradezu als Kostensenker an. Bei Formblechen mit ihrer grundsätzlich komplizierteren Reinigung ist eine Beschichtung ohnehin das Mittel der ersten Wahl. Der – je nach Beschichtungsart recht unterschiedliche – Mehrpreis für ein beschichtetes Blech macht sich unter den genannten Umständen jedenfalls schnell bezahlt.
Sparsame Bäcker – das wollen wir der Vollständigkeit halber wenigstens erwähnen – erreichen einen vergleichbaren Effekt (bei geringeren Kosten, allerdings auch weit komplizierterem Handling) statt mit einer Beschichtung mit einfachem Backpapier. Wer freilich schon einmal mit Backpapier gearbeitet hat, der kennt das große Problem, das auftritt, wenn solche Papiere wiederholt verwendet werden sollen (und nur dann sind sie ja die kostensenkende Alternative, die sich der Bäcker wünscht): Sie liegen immer genau dort im Weg, wo man sie gerade am allerwenigsten brauchen kann. Auch das Belegen der Bleche ist mit Backpapieren kritischer: Man muss die Ecken genau belegen, weil sich andernfalls das Papier auffaltet und an den äußeren Teiglingen weiße Stellen zurückbleiben. Schließlich gibt es die Entsorgungsproblematik: Backpapier ist ebenfalls beschichtet und darf deshalb nicht einfach zusammen mit dem normalen Altpapier entsorgt werden.
Eine weitere Alternative sind PTFE-, also Teflon®-Folien, die nicht so stark thermisch isolieren wie Silikonmatten und die ebenfalls mehrfach verwendet werden können. Manche Hersteller bieten solche Folien sogar mit Kleberücken an; man kann sie dann in ein (idealerweise neues) Blech einkleben und, wenn sie verbraucht sind, zumindest theoretisch durch eine neue Folie ersetzen. Ein wirkungsvolles, aber sicherlich auch gerade bei größeren Stückzahlen relativ aufwändiges Verfahren. Und: Das Einkleben setzt praktisch ein neues Blech voraus; bei gebrauchten oder bereits einmal beklebten Blechen ist es nahezu unmöglich, eine neue Teflon®-Folie sauber einzukleben.
Die deutlichste Einschränkung bei beschichteten Blechen gilt ihrer mechanischen Widerstandsfähigkeit: Alle Beschichtungen sind anfällig für mechanische Beschädigungen. Einfache mechanische Beanspruchung (z.B. durch Übereinanderstapeln) lässt sich in der Bäckerpraxis allerdings kaum vermeiden und schadet einem Qualitäts-Backblech auch nicht, das vor dem Auftrag der Beschichtung ordentlich vorbehandelt worden ist (andernfalls wachsen sich einfache Kratzer, die keine negativen Auswirkungen auf die Anti- hafteigenschaften haben, leicht zu einer flächigen Ablösung aus). Also: Mit der Metallspachtel abkratzen oder sorglos übereinander stapeln möglichst vermeiden – beides ruiniert beschichtete Bleche in kürzester Zeit.
Silikone haben gegenüber den Teflonen eine um den Faktor 2 geringere Lebensdauer. Entscheidend für die Wahl der richtigen Beschichtung ist deshalb stets das vorgesehene Einsatzgebiet. Optimale Durchgangszahlen werden nur erreicht, wenn Blech und Befettungssystem optimal auf das Produkt abgestimmt sind. Im Umkehrschluss aus dem bisher Gesagten ergeben sich auch einige Empfehlungen für den Einsatz unbeschichteter Backbleche. Produkte mit zuckerhaltiger Füllung, die auslaufen und karamelisieren oder auf andere Weise zu einer starken, eingebrannten Verschmutzung des Bleches führen könnten, die sich praktisch nur auf mechanischem Wege richtig entfernen lässt, also beispielsweise Kissinger, Nussschnecken oder Kirschtaschen – solche Produkte gehören aufs unbeschichtete (und im Allgemeinen auch ungelochte oder wenigstens mit Backpapier ausgelegte) Blech.
In eine Lochung würde lediglich die Füllung einlaufen und dort zu unentfernbarem Karamel verbrennen. Von einer Beschichtung bekäme man die Rückstände nur mit mechanischer Kraft ab – und dabei würde sich zugleich die Beschichtung verabschieden. Wo Teiglinge auf dem gleichen Träger (schock-)gefrostet, gegart und abgebacken werden sollen, werden bislang ebenfalls überwiegend unbeschichtete Bleche verwendet.