Verfahrenstechnik Teiglinge (Teil 4)

Vom Einzelklima zum Gesamtprozess

Die Kunst des Bäckers besteht in erster Linie darin, durch eine kluge Abfolge von Klimabedingungen (nichts anderes meint der Begriff „Teigführung“) die Hefe- und Enzymaktivitäten der Teiglinge derart ausgewogen zu steuern, dass rechtzeitig zum Abbacken der optimale Gärzustand erreicht ist und sich die erwünschten Produktqualitäten bei Volumen, Porung und schließlich bei Farbe, Aroma, Geschmack, usw. einstellen. 

  1. Die Teigführung, bei der die Hefe- und Enzymaktivitäten durch Klimabedingungen gesteuert werden, ist entscheidend für den Backprozess.

  2. Es gibt diverse Verfahren zur Teigführung, darunter konventionelle Teigführung, Langzeitführung/Gärverzögerung, Gärunterbrechung, und verschiedene Frostmethoden. Die Wahl des Verfahrens hängt von den spezifischen Bedürfnissen des Bäckers ab.

  3. Das spezielle Bäckereikälteverfahren MIWE smartproof ermöglicht eine hohe Gärzeittoleranz, verbessert die Qualität von Backwaren und optimiert die Logistik.

  4. Die verschiedenen Frostmethoden bieten flexible Lösungen für unterschiedliche Produktions- und Verkaufsbedürfnisse, einschließlich der Anpassung an Stoßzeiten, der Erweiterung der Sortimentsvielfalt und der Verbesserung der Produktqualität.

Ohne sie in aller Ausführlichkeit abzuhandeln, wollen wir an dieser Stelle zur ersten Orientierung wenigstens einen groben (und keineswegs um Vollständigkeit bemühten) Überblick über die klassischen Verfahren der Teigführung geben, die üblicherweise beim Teiglingsbacken zur Anwendung kommen. In der Praxis haben sich neben der konventionellen Teigführung (Frischherstellung) drei bis vier verschiedene Grundabläufe mit zum Teil weiteren Varianten etabliert.

Welches Verfahren eignet sich am besten für das Teiglingsbacken?

Es liegt nahe, dass nicht jedes der Verfahren zur Erlangung jedweder Zielvorgabe beim Teiglingsbacken gleichermaßen gut geeignet ist. Deshalb gilt es zu entscheiden, welche einzelne Teigführungsart oder welche Kombinationen für die Zwecke des Unternehmens tauglich sind. Je nachdem, welches Ziel für den Bäcker im Vordergrund steht, wird er sich für die eine oder andere Variante entscheiden.

Übersicht verschiedener Teigführungsarten

Langzeitführung / Gärverzögerung

Das Verfahren der Langzeitführung bzw. Gärverzögerung erlaubt durch ein Absenken der Lagertemperatur auf bis zu -6 °C eine Verlängerung der Gärzeit bis ca. 24 Stunden. Die Hefeaktivität wird dabei auf ein Minimum reduziert, allerdings ohne die energieintensive Frostungsschwelle (bei ca. -7 °C) zu unterschreiten. Weil die Enzymaktivität hingegen nur verlangsamt und nicht vollständig eingestellt wird, lassen sich mit diesem Verfahren geschmacklich hochwertige Backwaren mit vergleichsweise geringem Energieaufwand herstellen. Wegen des überbrückbaren Zeithorizontes entlastet das Verfahren wirksam Spitzenzeiten in der Produktion.

Aromastark: MIWE smartproof

Beim speziellen Verfahren MIWE smartproof™ werden Teiglinge auf Stapeldielen im saugenden Schockfroster MIWE SF-D zügig und gleichmäßig auf eine Kerntemperatur von 6 °C abgekühlt. Der Verzicht auf die Frostung vereinfacht die Logistik und das Verfahren erlaubt mit seinen hohen Gärzeittoleranzen sehr lange Zeitkorridore von bis zu 36 Stunden. Gleichzeitig sorgt es mit geringen Investitionskosten und auf kleinstem Raum für eine deutliche Qualitätszunahme bei Geschmack, Aroma und Gebäckfarbe.

Das Verfahren kombiniert eine relativ strikt einzuhaltende Gärkurve, die sich vor allem im aromastarken Temperaturbereich von ca. +5 °C bewegt, mit einer ganz speziellen Logistiklösung: der stapelbaren Diele. In diesen Gärgutträgern werden die Teiglinge auch klimageschützt expediert, bei höheren Außentemperaturen in einer Thermobox. Weiterer Vorzug: Mit dem saugenden Schockfroster MIWE SF-D wird höchste Gleichmäßigkeit auch bei sehr großen Durchsätzen erreicht.

Gärunterbrechung

Bei der Gärunterbrechung kommt es wegen des dabei eingesetzten Temperaturbereiches von ca. -7 °C bis -18 °C zu einem vollständigen Stillstand der Hefeaktivität, während die Enzymaktivität auf vermindertem Niveau durchaus fortdauert. Der damit überbrückbare Zeithorizont ist wegen der nach wie vor aktiven Enzyme noch immer begrenzt. Unverpackt können Teiglinge allerdings bereits bis zu 72 Stunden gelagert werden. Damit werden eine große Vielfalt im Sortiment und ein gleich bleibendes Backergebnis auch bei relativ kleinen Stückzahlen möglich. Das Verfahren kann maßgeblich zur Verminderung der sogenannten Umrüstzeiten in der Produktion beitragen.

Frosten ungegart

Bei diesem Verfahren werden die Teiglinge unmittelbar nach der Aufarbeitung gefrostet – idealerweise mit einem leistungsfähigen Schockfroster, der mit einer Raumtemperatur von -40 °C für eine rasche Tiefkühlung der Teiglinge sorgt und so Schäden an Zellstrukturen wirksam verhindert. Die lange Lagerzeit bietet viele Optimierungsmöglichkeiten im individuellen Betriebsablauf. Teiglinge sind mit diesem Verfahren zu jeder Tageszeit verfügbar, müssen allerdings vor dem endgültigen Abbacken erst noch aufgetaut und gegart werden, was die rasche Verfügbarkeit abgebackener Produkte ein wenig einschränkt und am Ort des Abbackens eine kundige Person voraussetzt, die die Gare der Produkte zu beurteilen vermag. Allerdings leistet das Verfahren eine sehr wirksame Entlastung von Spitzenzeiten in der Produktion und erlaubt obendrein eine große Sortimentsvielfalt.

Frosten gegart

Bei diesem Verfahren werden bereits (knapp) gegarte Teiglinge gefrostet, die dann mit einem entsprechenden Backofen, der auch gleich das Auftauen mit einem Frostlingsprogramm kontrolliert übernimmt, ohne weitere Stückgare direkt abgebacken werden können. Das Verfahren empfiehlt sich besonders zur abverkaufsgesteuerten, flexiblen Beschickung von Backstationen, da hierbei der Gärprozess in der Produktion verbleibt. Gegart gefrostete Teiglinge können verpackt mehrere Wochen bis Monate gelagert werden. Die Handhabung der gefrosteten Teiglinge ist unkompliziert, der Zeitbedarf bis zur Verfügbarkeit ofenfrischer Produkte an der Verkaufsstelle äußerst gering. Deshalb bietet das Verfahren vielfältige Optimierungsmöglichkeiten für jeden individuellen, betrieblichen Ablauf an. Es unterstützt Bäcker wirksam bei ihrem Bemühen, ein breites Produktsortiment stets backofenfrisch anbieten zu können.

Frosten (halb-)gebacken

Dieses Verfahren bietet die rascheste Verfügbarkeit ofenfrischer Backwaren am Verkaufsort, ist also das ideale Medium, um flexibel auf Stoßzeiten in der Filiale oder bei der Kundenbelieferung reagieren zu können. Hier werden die Teiglinge erst vorgebacken und dann gefrostet. Ein derartiger Frostling muss nur noch fix aufgetaut (und dabei praktisch nebenher endgültig ausgebacken) werden, weswegen man gelegentlich auch von „Regenerierung“ spricht. Verpackt sind (halb-) gebackene Produkte mehrere Wochen bis Monate lagerfähig.

Lagerzeiten von mehreren Monaten sind Dank Frostung möglich

Es zeigt sich also, dass die Frostung für Teiglinge in ganz unterschiedlichen Fertigungsstadien zum Einsatz kommen kann. Allen Frostungsverfahren gemein ist jedoch, dass die Backwaren auf das sehr tiefe Temperaturniveau von -18° C abgekühlt werden. Bei diesen Temperaturen kommen die enzymatischen Prozesse weitestgehend zum Stillstand. Daher sind mit diesem Verfahren selbst bei gegarten, verpackten Teiglingen Lagerzeiten von mehreren Wochen oder gar Monaten möglich.

Sie haben Fragen zu einem der oben dargestellten Verfahren?

Dann kontaktieren Sie uns. Unsere Experten stehen Ihnen gerne im MIWE live baking center in Arnstein zur Verfügung.

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