Backgutträger Kompendium (Teil 4)
Ein Sonderfall: Laugengebäck
Laugenbrezen sind vor allem im Süden Deutschlands zu Hause, wo man sie in ihrer bayerischen oder schwäbischen Form als appetitliche Kostbegleiter vom Weißwurstfrühstück bis hin zum mitternächtlichen Käsesnack über alles schätzt.
Wie alle Gebäcke, denen Natronlauge zu ihrem typischen Aussehen und Aroma verhilft, sind auch die Laugenbrezen eigentlich klassische Herdflächenprodukte.
Sie werden aber heute häufig auch auf Backblechen gebacken – und dabei ist besondere Sorgfalt bei der Materialauswahl geboten. Natronlauge verstärkt nämlich nicht nur die Reaktion von Zucker mit Eiweißen (was überhaupt erst den gebäcktypischen Charakter ausmacht), sie greift auch Aluminium an und löst es aus – und zwar schon in recht schwacher Konzentration (für Natronlauge ist in der Zusatzstoff- Zulassungsverordnung ZZulV eine Maximalkonzentration von 4 % verbindlich vorgeschrieben).
Aluminium ist zwar ein natürlicher Stoff, der beispielsweise auch in Erdbeeren, Schweinefleisch, Weißkohl oder Zwiebeln in nicht unerheblichen Konzentrationen vorkommt. Ein unkontrollierter Übergang von Stoffen auf Lebensmittel ist aber in keinem Fall erwünscht, selbst dann nicht, wenn die gesundheitliche Unbedenklichkeit des Stoffs außer Frage steht. Er ist schlicht untersagt (nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz), wenn er technisch vermeidbar wäre.
In manchen Bundesländern ist der Gebrauch von Aluminium-(Loch-) Blechen für Laugengebäck deshalb grundsätzlich nicht erlaubt. Dort verwenden die Bäcker deshalb keine Aluminiumbackbleche mehr – auch keine beschichteten, die bei beständigem Gebrauch durchaus auch von der Natronlauge angegriffen werden können. Sie setzen stattdessen Edelstahlbleche ein, die allerdings deutlich schwerer sind und – vor allem nach unfachgemäßem Einbacken – sehr zum Anhaften der Gebäckstücke neigen.
Ein spezielles laugenresistentes Edelstahlblech, das mit einer angerauten Oberfläche und geringer Materialdicke die Backeigenschaften von Aluminium-Backblechen erreichen sollte, hat sich wegen seines gegenüber Alu-Blechen fünffachen Preises nicht am Markt etablieren können. Damit teilt es das Schicksal mit einer speziellen, laugenresistenten Beschichtung (BAL 45), die das Blech noch mehr verteuert.
Das gelochte Aluminium-Backblech bringt also nach wie vor für Laugengebäck und sein Backprofil (starke Bräunung in relativ kurzer Zeit bei geringem Fettgehalt) die besten technologischen Voraussetzungen mit: geringes Gewicht, sehr hohe Wärmeleitfähigkeit, leichtes Handling, kein Ankleben der gebackenen Brezen. Deshalb hat man (vor allem dort, wo Laugengebäcke gewissermaßen zu den Grundnahrungsmitteln zählen, also im Süden der Republik) auch nach anderen Mitteln und Wegen gesucht, wie man die Lösung und den Übergang von Aluminium auf das Backgut durch veränderte Prozesse auf ein absolutes Minimum reduzieren kann.
Während man früher ganze Bleche mit Teiglingen in die immer wieder gleiche Natronlauge getaucht oder durch einen kontinuierlichen Laugenschwall gefahren hat (was mit der Zeit zu hohen Aluminium-Konzentrationen nicht nur in der Gebrauchslauge, sondern auch auf den Gebäcken geführt hat), werden die Teiglinge heute in aller Regel abseits von den Backblechen getaucht oder gar nur besprüht und vor dem Aufbringen auf das Blech gründlich abgetropft.
Damit ist nicht nur die Menge der Natronlauge, die Kontakt zu dem Backblech bekommt, sondern auch die Verweildauer der gelaugten Teiglinge auf dem Blech auf ein Mindestmaß reduziert. Außerdem wird die Lauge häufiger gewechselt, so dass es gar nicht erst zu einer akkumulierenden Aluminium-Konzentration kommt. Weil Teiglinge in gefrorenem Zustand weniger Kontakt mit dem Blech haben als im aufgetauten oder gärwarmen, wird außerdem empfohlen, gefrorene Teiglinge vor dem Belaugen nur kurz anzutauen oder gleich gelaugte Teiglinge einzufrieren und dann abzubacken.
Der beispielsweise in Bayern vom Gesetzgeber fixierte Grenzwert von 10 mg Aluminium auf 1 kg Frischgebäck wird mit diesen einfachen Maßnahmen in den Bäckereien in aller Regel deutlich unterschritten.