Verfahrenstechnik Teiglinge (Teil 2)
Das Bäckerdilemma
Bäcker, die Erfolg haben wollen, müssen heute eine Vielzahl einander teils widerstrebender qualitativer und ablauforganisatorischer Ziele verfolgen.
Herausforderungen für Bäcker: Bäcker stehen vor mehreren Herausforderungen, einschließlich steigenden Kosten, Erwartungen der Verbraucher nach Frische und Vielfalt, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und Marktrestrukturierung.
Erwartungen der Verbraucher: Die Kunden erwarten heutzutage, jederzeit frische Backwaren aus einem breiten Sortiment zur Verfügung zu haben, was die Anforderungen an die Bäcker erheblich erhöht.
Arbeitskräftemangel und Personalkosten: Bäcker müssen den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ausgleichen und gleichzeitig die Personalkosten niedrig halten, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt.
Teiglingsbacken als Lösungsansatz: Das Teiglingsbacken, bei dem Teiglinge im unmittelbaren Umfeld des Verkaufs oder Verzehrs gebacken werden, bietet einen Ansatz zur Lösung vieler dieser Probleme und zur Erreichung von Qualitäts-, Organisations-, betriebswirtschaftlichen und Marketingzielen.
Unterschiedliche Anforderungen: Je nach Größe und Ausrichtung des Backbetriebes variieren die Anforderungen und Fragen zum Teiglingsbacken. Die Sonderreihe “Teiglingsbacken” soll allen Akteuren in der Backbranche helfen, den gesamten Prozess des Teiglingsbackens zu verstehen und zu optimieren.
Sie müssen zum Beispiel – in Zeiten deutlich zunehmenden Kostendrucks – Aufbau und Abläufe ihres Betriebes immer besser organisieren und dürfen dabei aber die möglichst gleichmäßige Auslastung ihrer Maschinen nicht aus den Augen verlieren. Sie sehen sich andererseits mit der zunehmenden Frischeerwartung und erweiterten Sortimentsansprüchen der Verbraucher konfrontiert. Möglichst an sieben Tagen in der Woche, zu jeder Tageszeit, vom frühen Morgen bis zum späten Abend, möchte der Verbraucher aus einem breiten Sortiment nicht etwa lediglich tagesfrischer, sondern am besten ofenfrischer Backwaren wählen können. Das Sortiment verbreitern und gleichzeitig mehr Frische bieten – schon das ist für manchen Bäcker eine anspruchsvolle Herausforderung.
Schließlich müssen es die Bäcker schaffen, den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften auszugleichen und zugleich doch auch die Personalkosten niedrig zu halten, wenn nicht sogar abzubauen. Als ob dies alles noch nicht genug wäre, befindet sich obendrein der Markt in einer Phase der völligen Umstrukturierung. Wo Dezentralisierung und Filialisierung als Zukunftschance lockt, wächst auf der anderen Seite nahezu zwangsläufig der planerische und logistische Aufwand. Dass in diesem Umfeld dennoch viele Bäcker und Backbetriebe äußerst erfolgreich agieren, hängt damit zusammen, dass neuere Verfahren – insbesondere bei der Teigführung und beim Backen – Lösungsansätze für das Bäckerdilemma bieten. Genau hiervon handelt diese Artikelserie. Starten wir in das Thema Teigführung und Teiglingsbacken.
Teigführung und Teiglingsbacken
Teiglingsbacken, also das Abbacken von Teiglingen im unmittelbaren raumzeitlichen Umfeld des Verkaufs oder Verzehrs, ist ein probates Mittel, um mit einem Aufwasch viele der eben angesprochenen Problemfelder zu lösen, also wichtige qualitative, organisatorische, betriebswirtschaftliche und Marketingziele gleichermaßen zu erreichen.
Teiglingsbacken kann auf viele unterschiedliche Weisen realisiert werden, von denen diese Sonderreihe nach und nach die wichtigsten vorstellen wird. Weil das Backen in der Welt viele Gesichter hat, gibt es auch unterschiedliche Perspektiven auf und ganz unterschiedliche Anforderungen an das Teiglingsbacken. Der mittelständische Backbetrieb, der Teiglinge selbst herstellt und überwiegend oder gar ausschließlich an eigene Filialen zum Frischebacken liefert, hat andere Anforderungen und Fragestellungen als der industrielle Teiglingshersteller, der verschiedenste Abnehmer mit Teiglingen beliefert, von Supermarkt-Backshops bis hin zum Tankstellennetz eines Mineralölkonzerns.
Wieder einen anderen Ausschnitt aus der Welt des Teiglingsbackens haben diejenigen „Bäcker“ (gleich welcher Couleur) vor Augen, die Teiglinge fix und fertig beziehen und vor allem daran interessiert sind, „Frische Qualität auf Nachfrage“ Wirklichkeit werden zu lassen. Die Sonderreihe „Teiglingsbacken“ will den handelnden Akteuren in allen Backszenarien Hilfe und Anleitung sein. Daher betrachten wir auch den gesamten Prozess des Teiglingsbackens von der Teiglingsherstellung bis hin zum abschließenden Abbacken in Filiale oder Backshop. Wir tun dies nicht zuletzt auch deshalb, weil genau diese umfassende Perspektive die klassische Sicht des Bäckers auf das Teiglingsbacken ist. Der Interessent, der selbst nur einen Ausschnitt aus dieser Prozesskette aktiv abdeckt (z.B. der Teiglingsproduzent oder der Backshop ohne eigene Produktion), kann durchaus davon profitieren, dass (aus seiner Sicht) auch Vorstufen oder Folgeprozesse und deren spezifische Rahmenbedingungen in den Blick genommen werden.