07.04.2021
Globetrotter mit Lokalkolorit
Über die feinen regionalen Unterschiede bei der Laugenbrezel
Laugenbrezen sind weltweit beliebt, sehen aber noch nicht einmal in Deutschland überall gleich aus. Wir gehen den feinen Unterschieden auf den Grund.
Im Süden Deutschlands sind sie von jeher ein absoluter A-Artikel – gleich nach den Brötchen (bei denen die Wertschöpfung wegen des geringeren Arbeitsanteils noch etwas besser ausfällt). Aber auch im Norden Deutschlands sind sie längst heimisch und in den östlichen Bundesländern seit Jahren erfolgreich dabei, sich ihren Markt zu erobern.
Selbst außerhalb der deutschen Grenzen wächst ihre Fan-Gemeinde stetig. Aus dem fernen Japan reisen Bäcker an, die wissen wollen, wie es geht. Und in den USA dippt man sie hip in Senf und andere Tunken. Kurz: Sie sind dabei, weltweit Karriere als kulinarische Kosmopoliten zu machen. Die Rede ist von den geschlungenen, meist gesalzenen Brezen aus gelaugtem Brezenteig, den Laugenbrezen.
Das Rund-um-die-Uhr-Gebäck
So große Beliebtheit hat ihre guten Gründe. Zum einen: Die Breze ist ein Rund-um-die-Uhr-Gebäck, das in besser geführten Haushaltungen und Hotels schon am Morgen mit dem Frühstück die kulinarische Bühne betritt. Wer es eilig hat, der greift auf dem Weg zur Arbeit im Vorübergehen beim Bäcker um die Ecke nach einer Butterbrezen für den kleinen Hunger zwischendurch. In München steht, so will es wenigstens die Folklore, spätestens zum Weißwurstfrühstück die erste Brezen auf dem Speisezettel. Um die Mittagszeit ersetzt eine mehr oder minder luxuriös belegte „Brezn“ ganz leicht eine ganze Mahlzeit. Und im Brotkorb am Abend nimmt sich eine Laugenbreze wiederum ganz vorzüglich aus – zum Beispiel zu einem zünftigen „Radi“ (für Nicht-Bayern: ein lamellenförmig geschnittener und gesalzener Rübenrettich) und zu einem frischen Weißbier oder gleich einer ordentlichen „Maß“ (mit ganz kurzem -a-, bitte schön).
Ob solo, belegt oder raffiniert kombiniert – die Breze ist
immer ein charaktervoller Genuss.
Der zweite Vorzug der Laugenbreze ist damit bereits angedeutet: Sie ist schon solo ein kulinarischer Genuss, der sich aber auch ohne Einbußen auf beiden Seiten mit Vielerlei kombinieren lässt. Mit Käse überbacken zum Beispiel. Vor allem aber kann man sie schneiden und belegen, ohne dass sie ihren eigenständigen Charakter verliert und zur bloßen Wurstunterlage verkommt. Ob Butter pur, Salami, Schinken, Käse, mit und ohne Garnitüre – der geschmacklichen Vielfalt sind kaum Grenzen gesetzt.
Bissgenüsse für Backwarengourmets
Bäckermeister Günter Franz, Fachlehrer an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim (und gebürtiger Augsburger, also bayerischer Schwabe), hat uns von einem Hannoveraner Bäcker berichtet, der Kopf schüttelnd durch die Augsburger Innenstadt lief und gar nicht verstehen konnte, dass nahezu jedes Kind im Kinderwagen eine Laugenbreze in den Fingern hielt. Damit kommt ein weiteres Argument für die Brezel ins Spiel: Sie ist – anders als ein Brötchen – griffig auch für kleinste Kinderhände und perfekt zum „darauf Herumkauen“, auch wenn man altersbedingt noch nicht (oder schon wieder nicht mehr) den ganz großen Mund aufreißen kann. Backwarengourmets wissen einen weiteren Vorzug der Brezel ins Feld zu führen: Sie vereint auf kleinstem Raum die ganze Bandbreite unterschiedlichster „Bissgenüsse“, von den eher knusprig ausgebackenen Ärmchen („Brazeln“ nennt sie der Bayer – und hält damit tatsächlich die Fahne des alten, kirchenlateinischen Wortes „bracitellum“ ‚Ärmchen‘ hoch) bis hin zur saftigen, etwas grobporigen Krume des Brezenbauchs. So gilt das freilich nur für die schwäbische Variante der Laugenbrezel, womit wir schon mitten in den feinen regionalen Unterschieden angekommen sind.
Denn auch wenn es den meisten Konsumenten gar nicht bewusst ist, weil sie aus Gewohnheit oder aus Mangel an Alternativen immer wieder einfach zur heimischen Brezel greifen: Die Laugenbrezel tritt heute in einer ganzen Reihe unterschiedlicher, landschaftstypischer Formen auf.
Schwäbische vs. bayerische Brezel
Die zwei markantest unterschiedenen und zugleich bekanntesten Typen der salzigen Laugenbrezel, nämlich die bayerische und die schwäbische Variante, stellen wir in diesem Beitrag einmal etwas genauer vor. Dabei haben uns dankenswerterweise bei einem ausführlichen Vergleichsbacken vor einigen Jahren zwei Spezialisten zur Seite gestanden, die sich auf die jeweiligen regionalen Besonderheiten schon kraft ihres Amtes bestens verstehen: Die schwäbischen Brezeln hat damals für uns Günter Franz gebacken, seines Zeichens Fachlehrer an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim. Die bayerischen „Brezn“ wurden von Arnulf Kleinle gebacken, zum Zeitpunkt des Vergleichsbackens Schulungsleiter der Akademie des Bayerischen Bäckerhandwerks in Lochham bei München.
Der wesentliche Unterschied der beiden Brezen liegt im Querschnitt von Bauch und Brazel (also den Ärmchen): Während die schwäbische Brezel typischerweise eher konisch zulaufende, deutlich dünnere und daher auch knusprig ausgebackene Brazeln und dafür einen bauchigen Mittelteil mit saftiger, etwas grobporiger Krume aufweist, der vor dem Backen geschnitten wird, damit er kontrolliert aufreißt, wird ihre bayerische Schwester aus einem insgesamt gleichmäßigeren Strang geschlungen und im Regelfall auch nicht geschnitten. Daher entstehen beim Backen vor allem im Etagenbackofen bei der bayerischen Breze typischerweise unregelmäßige Risse, die den rustikalen Eindruck des Gebäcks noch verstärken.
Laugenbrezeln unterscheiden sich hauptsächlich durch
ihren Bauch und die Brazeln (Ärmchen).
Die Form der bayerischen Brezel ist im Allgemeinen eher rundlich, ihre Felder fallen nach der klassischen Dreierteilung meist recht gleichmäßig aus. Die schwäbische Brezel dagegen zeigt häufig über zwei kleineren, durch die Ärmchen gebildeten Feldern ein größeres Feld am Brezelbauch.
Die bayerische Brezel fällt daher eher etwas oval aus, ihre Krume ist wegen des gleichmäßigeren Strangquerschnitts im Allgemeinen gleichmäßiger durchgebacken. Mit diesem gleichmäßigen Strangquerschnitt hängt auch zusammen, dass man die bayerische Brezen besser gesamtflächig durchschneiden kann als ihr schwäbisches Pendant, dessen dünnere, knusprige Ärmchen beim Durchschneiden brechen. Daher ist die klassische „Butterbrezen“ auch in aller Regel eine bayerische Breze.
Die Unterschiede fangen allerdings schon viel früher an, nämlich bei der Rezeptur, und dort vor allem bei der Fettzugabe. Während die Schwaben sich diesbezüglich einmal gar nicht von ihrer angeblich knauserigen Seite zeigen und zwischen 3 und 5, gelegentlich sogar bis zu 8 % Fett (bezogen auf die Gesamtmehlmenge) in ihre Brezeln mischen, belassen es die Bayern üblicherweise bei 1,5 bis 3,5 % Fettzugabe; manche halten dabei bis heute aus Geschmacksgründen am Schweineschmalz als Backfett fest, auch wenn die „Brezn“ dann für hartgesottene Vegetarier oder gläubige Muslims als Delikatesse eher nicht in Frage kommt.
Lieber locker und soft oder markant rustikal?
Es liegt nahe, dass die schwäbische Brezel schon wegen ihres höheren Fettgehalts „saftiger“, mit einer etwas lockereren Krume und insgesamt „softer“ auftritt als das markanter rustikale bayerische Laugengebäck, das, wenn es seinem Namen Ehre machen will, beim Brechen richtig knacken muss. In der schwäbischen Breze steckt zudem im Einzelfall auch etwas mehr Hefe als in der bayerischen, aber ansonsten ähneln sich die Zutaten und die Verarbeitung. Beide Brezelvarianten können mit und ohne Vorteig hergestellt werden, wobei die Zugabe von Vorteig eine längere Führung und damit eine bessere Aromabildung und längeren Frischeerhalt bedeutet.
Auch wenn heute Schlingroboter die unterschiedlichsten Brezelformen in großen Stückzahlen beherrschen: Kein Bäcker kommt in der Ausbildung darum herum, auch das händische Schlingen einer Breze zu erlernen. Die Ausbilder der Fachakademien haben ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit ein wenig aus der Schule geplaudert und uns verraten, dass mancher Bäcker durchaus mehrere Monate braucht, bis er das Schlingen „aus dem FF“ beherrscht. Dafür bringen es Meister ihres Fachs – gar nicht selten sind es übrigens Meisterinnen – mit einiger Übung mitunter auch manuell auf bis zu 1.000 Brezen in der Stunde und machen damit den modernen Robotern durchaus respektable Konkurrenz.
Eines mögen Brezen – ganz gleich, wo sie zu Hause sind und wie sie hergestellt werden – übrigens gar nicht: Liegen und auf Kunden warten. Laugenbrezen verlieren ganz rasch ihren spezifischen Charakter und sollten daher stets absolut frisch, also maximal eine Stunde alt, sein.
Per Konvektion mit dem Top-Brezelbäcker MIWE aero (da passen zum Beispiel 12 Brezen auf ein 60/40er Blech), klassisch auf der Herdplatte im MIWE condo (meist mit 60/80er Backblechen und je 24 Brezen pro Blech), oder ganz frech mit dem MIWE cube:fire, dessen 60/40er Backblech ebenfalls Platz für 12 Brezen bietet. Für größere Volumina stehen im Bedarfsfalle auch der Stikkenofen MIWE roll-in und der Etagenofen MIWE electro parat.
So dass Ihnen eigentlich nur noch eine Frage zu klären bleibt: Halte ich’s nun lieber mit den wackeren Schwaben oder mit den rustikalen Bayern?
Das MIWE Brezel-Poster
Hübsch anzuschauen und lehrhaft zugleich: Das Brezel-Poster zeigt sechs verschiedene Führungs- und Backvarianten des beliebten Laugengebäcks im Vergleich und liefert außerdem das Rezept der Münchner Brezen der Bayerischen Bäckerfachschule Lochham.
Sie haben Interesse an unserem Brezel-Poster? Fordern Sie hier Ihr eigenes Exemplar im Format 70 x 100 cm kostenlos bei uns an: